Erinnerungen

Klingt alles gleich!
(Der Weg von Herbert Grönemeyer wurde gespielt)
Er antwortet: Es erinnert mich an meinen Onkel. Seine Familie verbrannte bei einem Autounfall.  Als sie den zu kleinen Sarg des Kindes in die Erde hinabliessen, wurde dieses Lied gespielt.
Von da an, klingt diese Lied anders – und meine Sorgen wirken
bedeutungslos.

Panorama

erlebe
ohne festzuhalten
vorbei:
wie unvollständig
suche worte –
annäherung an den moment
unerreichbar
oder illusion
allein
hin- und hergerissen.

Ableben um halb drei

Er war Anfang vierzig,
stammte aus Marokko
und noch vor fünf Minuten
rannte er,
verkaufte Longdrinks.

Ein Vorgesetzter sagte ihm,
er solle eine Gruppe
mit Freigetränken versorgen –

Er läuft davon und bleibt
wie ein Besiegter stehen.
Worin unterscheidet er sich
ohne Bestätigung
seinem einzigen Triumph.

Silvester

Ich stand im grössten Club
von ganz Bern
hinter dem Tresen
und verkaufte Cocktails:

Die Leute waren abgedreht,
als offenbarte die Welt
mehr Möglichkeiten
und beim Gong
schrien sie:
„Happy new Year“.

Nachdem die Meute gegangen war,
lief ich durch den Club,
und war verwundert
warum mir alle ohne Vorwarnung
ein frohes Neues wünschten.
Ein schmächtiger Kerl von der Putzkolonne
kam mir entgegen und sagte:
“Morgen“.
Endlich fühlte ich mich verstanden.

Identifikation

Ich denke an Unruhe
und du findest ohne Suche
keinen Grund.

Ich denke an Veränderung
und du bleibst stehen.
Ich weiss,
deine Träume sehen
anders aus.

Du denkst an Individualität,
und niemand versteht dich.
Endlich
siehst du dich, konfrontiert.

Du denkst an Abfindung
und saugst dich
an den Menschen fest –
eigenwillig reissen wir
an unserer Einheit.